Montag, 27. Oktober 2014

Größenwahn

Ohne Bücher wäre meine Welt um einiges ärmer. Dabei gilt meine Leidenschaft fast ausschließlich Kriminalromanen. Mittlerweile stapeln sich die Leichen bei mir zu Hause aus aller Herren Länder: Großbritannien, Schweden, USA, Kanada, Laos, Italien, Frankreich, aus dem Allgäu und Oberbayern ebenso wie aus dem Wiesental.

In einem Anflug von Größenwahn war ich der Meinung, dass es wohl nicht so schwer sein könne, einen Roman zu schreiben. Gesagt, getan. Nach fünf wenig befriedigenden Entwürfen fand der sechste Gnade vor meinem kritischen Verstand und ich machte mich frohen Mutes ans Werk.

Nach zwanzig Seiten war ich fertig.

Obwohl ich mit dem Ergebnis durchaus zufrieden war sah ich ein, dass es möglicherweise doch etwas mehr an Text bedurfte, um das Ganze als Buch zu titulieren. Ich musste mir also noch weitere Verwicklungen und Wendungen überlegen. Gar nicht so einfach, wenn der PC im Esszimmer steht und der Rest der Familie mich immer wieder in ihre Gespräche mit einbindet. Günther Gras hatte diese Probleme wohl nicht. 

Was mein Vorhaben außerdem erschwerte war die Tatsache, dass der Roman im mittelalterlichen Neuenburg spielt. Super Idee. Zur Folge hatte dies nämlich eine Unmenge an Recherchen. 


Elf Jahre später hielt ich mein Buch in Händen. 


Natürlich plagten mich Zweifel, wie mein Buch wohl ankommen würde. Mich der Kritik zu stellen kostete einiges an Überwindung. Es überwog letztlich die Eitelkeit. Außerdem war ich mit dem Ergebnis sehr zufrieden und das ist sowieso das Wichtigste.

Ich gab Alex ein Exemplar mit der Bitte, es zu lesen und es wohlwollend in der Zeitung zu erwähnen. Im Gespräch meinte er, er hätte schon die Befürchtung gehabt, einen Roman einer frustrierten Hausfrau lesen zu müssen. Mein Buch sei aber ganz gut gewesen. Ich nahm das als Kompliment.


Angespornt vom Erfolg - weniger (bis gar nicht) kommerziell, sondern beflügelt vom positiven Feedback - folgte Band 2. 



Hier bildete meine Lesung in der Stadtbibliothek in Neuenburg meinen persönlichen Höhepunkt. Es war ein toller Abend mit mittelalterlicher Musik, Musikinstrumenten, Nonnenfürzen und Heilkräutern. Ich war wirklich gerührt und habe mich wahnsinnig über alle gefreut, die da waren.
ein genialer Abend
















Im Moment nistet sich wieder meine Zweitfamilie in meinem Kopf ein. Und natürlich hat sie viel mit meiner Erstfamilie und den Menschen, die in meinem Leben eine Rolle spielen, zu tun. Und nein, ich bin nicht schizophren.
Mir ist durchaus klar, dass ich mit meiner Schreiberei keine Reichtümer ernten werde. Es sind nur ganz wenige, die tatsächlich davon leben können und ich gehöre definitiv nicht dazu, . 

Vielleicht liegt das ja an den Titeln meiner Bücher. In der Bestsellerliste ganz weit oben steht ein Buch mit dem Titel: "Darm mit Charme".

Mein nächstes Buch heißt deshalb:


 "Herzliche Grüße von meiner Bauchspeicheldrüse"

Ich muss das nur noch ins mittelalterliche Neuenburg packen.







  

Donnerstag, 23. Oktober 2014

Ehrenamt

Wer in verantwortlicher Position ein Ehrenamt inne hat, der fragt sich ab und zu in einer stillen Stunde - so er überhaupt eine stille Stunde findet - wie er in drei Gottes Namen auf die Idee kam, sich diesen Posten ans Bein binden zu lassen.

Die Bereitschaft, sich ehrenamtlich zu engagieren, hat bei vielen nicht unbedingt oberste Priorität. Was zur Folge hat, dass die Arbeit auf immer weniger Schultern lastet.

Schon einmal versucht, einen Dienstplan zu erstellen?
Viele Mitglieder scheinen davon auszugehen, dass der Mitgliedschaft mit dem Zahlen des Mitgliedsbeitrag genüge getan ist. Dass sie damit ein Recht auf die Leistungen des Vereins haben. Sie gehen davon aus, dass die laufenden Kosten eines Vereins mit diesen Beiträgen gedeckt werden können. Können sie natürlich nicht, weshalb die ein oder andere Veranstaltung gestemmt werden muss. Sich dafür in einen Dienstplan einzutragen, ist für manche allerdings unzumutbar. 
"... vier Stunden Kuchenverkauf ..., ach so, nicht möglich, dann vielleicht einen Kuchen backen? ... Auch nicht, ach, Ihr Mann hat Schnupfen. Ja dann. Danke für das Gespräch."
Ein voller Dienstplan garantiert dann leider immer noch nicht den reibungslosen Ablauf der Veranstaltung. Spannend bliebt bis zum Schluss die Frage, ob derjenige, der sich eingetragen hat, auch tatsächlich kommt.

Schon einmal bei der Wahl zum Elternvertreter dabei gewesen?
Ein zunehmend unwürdigeres Schauspiel für Eltern und Lehrer. Lähmende Stille, betretenes Schweigen gesenkter Köpfe. Keine Zeit, so das Argument des Großteils der Eltern. Man möchte die gestressten Geschöpfe fast bedauern, die keine Zeit für höchstens vier Termine pro Schuljahr aufbringen können. Möglicherweise muss noch ein Schulfest organisiert werden. Oder auch nicht. Es gibt bereits Schulen, in denen es diese Art der Veranstaltung nicht mehr gibt. Mangels Elternbeteiligung. Und weil die, die diese Veranstaltungen in der Vergangenheit im Alleingang stemmen mussten, keine Lust mehr haben.

Schon einmal versucht, sich durch die Fallstricke der Vereins-Steuergesetzgebung zu kämpfen?
Aus Recherchezwecken für diesen Post habe ich mich mit eben dieser Problematik auseinandergesetzt. Es ist der Wahnsinn. Da bedarf es schon eines "der, der in Zahlen denkt", um Vater Staat nicht den größten Teil des mühsam erwirtschafteten Geldes in den gierigen Schlund zu schmeißen.

Schon einmal versucht, allen Behörden, Verbänden und sonstigen Institutionen gerecht zu werden? 

Wir leben in einem Land der Vorschriften. So ziemlich alles wird reglementiert, nichts geht ohne Brandschutzverordnung, Bestuhlungspläne, TÜV-Abnahmen, GEMA-Abrechnungen, sicherheitsrelevante Maßnahmen. Alles ist in entsprechenden Verordnungen geregelt, die in mehr oder weniger verständlichem Juristendeutsch abgefasst sind. 

Warum ich mich trotzdem engagiere? Weil es mir Freude macht, in einem Team zu arbeiten mit Menschen, die ich mag. Meine besten Freunde und Freundinnen habe ich über meine ehrenamtliche Tätigkeiten kennen gelernt. Ich möchte sie nicht missen, sie bereichern mein Leben.
Neulich bin ich am Kräutergarten in meiner Stadt vorbeigeradelt. Offensichtlich wurde gerade eine kleine Gartenparty von älteren Mitbürgern gefeiert. Es ist mein Kräutergarten. Ich war dabei, als ihn das Team der KjG  angelegt hat, und ich bin immer noch stolz darauf, was wir gemeinsam geschafft haben.

Das Ehrenamt gibt mir die Gelegenheit, Spuren zu hinterlassen. Mit meinem Engagement mache ich mich zu einem wichtigen Teil der Gesellschaft. Ein geiles Gefühl. 






  




Montag, 20. Oktober 2014

Neulich auf dem Fußballplatz

Um mich nicht gänzlich von meiner Familie zu entfremden und die Wochenenden alleine zu Hause zu verbringen, sieht man mit ab und zu im Stadion bei Heimspielen des FCN. Die nachfolgenden Eindrücke beschränken sich allerdings nicht nur auf diesen Fußballverein. Die Sitten sind eben etwas rauer, wenn Emotionen im Spiel sind.

Bis zum ersten 'Aufreger' (ein fieses Foul oder ein vermeintlich falscher Pfiff) plätschert das Geschehen am Spielfeldrand so vor sich hin. Man hört den ein oder anderen belanglosen Kommentar, und geht die eigene Mannschaft in Führung ist die Welt sowieso in Ordnung.

Wehe, wenn nicht.

Dann kann es schon vorkommen, dass die ein oder andere lautstarke Bemerkung nicht unbedingt von Sachverstand zeugt. Leider steht der steigende Bier- und Weinschorlepegel umgekehrt proportional zur Qualität der Spielkommentare. Der Schiedsrichter wird grundsätzlich geduzt -hey Schiri!!!- und ist sowieso wahlweise blind, parteiisch, eine Null, eine Pfeife und was man sonst noch an Beleidigungen in petto hat. 

Ganz witzig sind auch die Zurufe, die Lahmärsche sollen sich gefälligst schneller bewegen, von Männern, deren Bauchumfang sie daran hindert, die eigenen Füße zu sehen. Von anderen Körperteilen ganz zu schweigen.

Den Begriff des Fremdschämens gibt es bei Männern nicht. Männer sagen grundsätzlich alles, was ihnen in den Sinn kommt, nichts ist ihnen peinlich und wird ihnen erstaunlicherweise von anderen Männern auch nicht übel genommen. Wie viel Stuss man von sich geben kann ... das muss man sich erst mal trauen. Phänomenal. 

Frauen hört man übrigens eher selten. Höchstens ein piepsiges "Hopp-hopp" signalisiert das Engagement für die eigene Mannschaft. Die Motivation von Frauen ist allerdings eine gänzlich andere. Frauen nutzen eine Fußballspiel als Infobörse. Da gerät das Spielgeschehen schon mal zur Nebensache. Macht nichts. Dass es bei einem Fußballspiel nicht um Leben und Tod geht, ist Frauen irgendwie eher bewusst.

Unglaublich aufschlussreich sind übrigens Auswärtsspiele. Rund um den Kaiserstuhl beispielsweise. Man brüstet sich in dieser Weingegend ja gerne damit, dass die Menschen dort den Wein schon mit der Muttermilch zu sich genommen hätten. Das hätten sie vielleicht besser bleiben lassen und sich doch lieber für eine andere Art der Säuglingsernährung entscheiden sollen. Außerdem soll es Dörfer geben, da bleibt man gerne unter sich (..., dort wo der Inzest zu Hause ist). Jedenfalls liegt das sprachliche und inhaltliche Niveau unterhalb der Höhe der Grasnarbe des Spielfeldes.

Richtig krass wird es bei Spielen gegen Mannschaften mit Migrationshintergrund. Gut, man versteht zwar nicht immer, was die Anhänger sagen, allerdings beherrschen sie das Stilmittel der nonverbalen Kommunikation perfekt und es erklärt sich, warum man früher von Schlachtenbummlern sprach.

Wer den Zustand der Welt beklagt und an der Menschheit verzweifeln möchte, dem empfehle ich wärmstens den Besuch eines Spiels des Fußballvereins seiner Wahl. 
Man feindet sich an, es geht auf die Knochen, es wird beleidigt, geschrien, gepöbelt.

Und hinterher trifft man sich an der Theke und alles ist wieder gut.



Mittwoch, 15. Oktober 2014

Kleider machen Leute

Wie wir uns kleiden ist für den Eindruck, den wir hinterlassen, wichtig. Wir machen uns Gedanken darüber, sich dem Anlass gemäß anzuziehen. Das gelingt zwar nicht allen gleichermaßen, aber mit der Frage "was ziehe ich an" beginnen die meisten ihren Tag.

Wir geben über uns ein Statement ab, wie wir uns kleiden. Wir vermitteln einen Eindruck von uns. Die "richtige" Kleiderwahl ist uns wichtig. Kleidung ist Teil der Persönlichkeit.

Nur kosten darf sie nichts. Geiz ist geil.

Geiz ist nicht geil, Geiz ist menschenverachtend. T-Shirts für drei Euro, Hosen für zehn. Wer fragt da noch nach Produktionsbedingungen. Egal. 1000 tote Frauen und Mädchen beim Einsturz einer Fabrik. War da was? Gibt doch einen Hilfsfond, den die Konzerne aus der Portokasse bezahlen (oder auch nicht). Leider schützt auch das Kaufen von Markenkleidung nichts. Die werden genauso produziert. Ein großer Name kostet halt.

Im "Stern" war zu lesen, dass der Lohn einer Näherin eines Adidastrikots 20 Cent beträgt. Der Verkaufspreis liegt bei 85 Euro. Weiterer Kommentar überflüssig. 

Wir sind moderne Sklavenhalter, nur haben wir die Sklaven outgesourced. Das ist angenehmer, so müssen wir das Elend nur ab und zu aus der Ferne in den Nachrichten sehen.

Ich habe genug davon. Ich spiele nicht mehr mit. Mir ist natürlich klar, dass ich damit niemanden sonderlich beeindrucke, und dass aus meiner Haltung keine Massenbewegung wird. Ich tue es für mich. Ich halte keine Sklaven (meine Familie sieht das vielleicht anders). Und außerdem bin ich mir mehr wert als drei Euro für ein Shirt.

Ab heute wird wohl meine alte Aldi-Nähmaschine wieder mehr zum Einsatz kommen. Im Moment nähe ich mir ein wirklich tolles Cape (und wenn mich Emmely weiter nervt, kriegt das Cape einen schönen Pelzbesatz - Scherz!!). Wer nach fairen Onlineshops googelt wird über das Angebot staunen. 




Es gab eine Zeit, da galten Pelzmäntel noch als Statussymbol. Diese unsägliche Zeit ist Gott sei Dank vorbei. Keine Frau käme heute auf die Idee, sich in einem Pelzmantel blicken zu lassen.

Wir legen Wert darauf, wie Hühner für unser Frühstücksei gehalten werden. Eier aus Käfighaltung - no go. Und natürlich sind wir gerne bereit, für ein Ei eines glücklichen Huhns etwas mehr Geld auszugeben. 

Ich würde mir wünschen, dass wir mit Menschen in Käfighaltung genauso umgehen. 






Sonntag, 5. Oktober 2014

Twins - nur ihre Mutter kann sie auseinanderhalten

Wer meine Töchter betrachtet käme wohl nie auf die Idee, sie für Zwillinge zu halten. Dazu sind sie eigentlich viel zu unterschiedlich, um nicht zu sagen, sie haben nicht viel gemeinsam.

Eigentlich.

Ist man mit beiden unterwegs, so kann man wahrlich Erstaunliches beobachten. Sie mutieren zu einer Person. Wahlweise zu Theresa oder Magdalena. Die wenigsten wissen, wen sie gegrüßt oder mit wem sie gesprochen haben, 

Im Ferienlager gab es tatsächlich Kinder die der Meinung waren, es handele sich tatsächlich nur um eine Zimmerleiterin und nicht um die Geschwister Lais.

"Du hast mir doch gerade Hallo gesagt." - "Nein, das war Magdalena."
"Warst du nicht ..." - "Eher nicht. Das war Theresa."
"Ach, hallo Magdalena." - "Theresa."

Dialoge, die mich gleichsam amüsieren wie faszinieren.

Offensichtlich scheint es so zu sein, dass wir auf die Schnelle nur oberflächlich wahrnehmen, mit wem wir es zu tun haben. Dass es bei kurzen Begegnungen nicht wirklich wichtig ist, wie jemand aussieht. Wobei es bei mir egal ist, ob es eine kurze Begegnung oder eine längere ist. Mein Personengedächtnis ist unterirdisch.

Ich saß beim Abschlussessen des Ferienlagers den ganzen Abend Jörg gegenüber. Als Bernd mich fragte, ob das der mit der Brille sei, konnte ich ihm das nicht sagen. Ich musste auf den Lagerbilder nachschauen. Ich wäre als Zeuge der Albtraum eines jeden Ermittlers und als Phantomzeichnung wäre "Punkt-Punkt-Komma-Strich - fertig ist das Mondgesicht" ein weitaus hilfreicherer Hinweis als meine Beschreibung.




Und, seien wir doch ehrlich: Es ist nicht wichtig, wie jemand aussieht. Dick, dünn, groß, klein, blond, braun, schwarz, weiß, Brille oder Kontaktlinsen. Mir egal. Ich nehme das nicht wahr. "Entscheidend ist auf'm Platz". Und mit Jörg habe ich mich hervorragend unterhalten.