Mittwoch, 31. Dezember 2014

Silvesterblues

Es gibt zwei Tage im Jahr, die mir Probleme bereiten: Karfreitag und Silvester. Beide Tage machen aus mir einen nachdenklichen, pessimistischen Grübler und Nörgler.

In meinem Leben ist für gewöhnlich das Glas halbvoll. Im Grunde meines Herzens bin ich ein positiver, voll Zuversicht in die Zukunft blickender Mensch. Außer an Silvester. An diesem Tag kommen sie aus allen Ritzen hervor gekrochen, die trüben Gedanken um die Zukunft, und was das neue Jahr wohl bringen mag.

Will ich das wirklich wissen? Will ich tatsächlich das neue Jahr herzlich willkommen heißen? Was, wenn es furchtbar wird? Was, wenn ich -wie so viele Menschen - durch ein Tal der Tränen gehen muss? Werde ich es überhaupt überleben? Ich kann dem neuen Jahr nur zögerlich die Hand reichen. 

Selbstredend geht mir die Silvesterknallerei ziemlich auf die Nerven. Abgesehen davon, dass ich wieder alle Hände voll zu tun haben werde, meinen Hund zu beruhigen, sehe ich überhaupt nicht ein, das neue Jahr mit Vorschusslorbeeren zu begrüßen. Morgen sind die Nachrichten wieder voll von Meldungen über Idioten, die sich gleich zu Anfang des Jahres ins Jenseits geknallt haben (gut, sie brauchen sich über den weiteren Verlauf 2015 keine Sorgen mehr zu machen). Und auf den Straßen sieht es aus wie Sau, weil keiner hinterher aufräumt.

Außerdem ist mir jeder Euro zu schade, den ich in ein Feuerwerk investieren müsste (als die Kinder noch klein waren, haben wir Wunderkerzen abbrennen lassen). Super Idee, Euros in die Luft zu jagen.

Meine Abneigung gegen Silvester wurde mir in die Wiege gelegt. Auch meine Eltern bestachen nicht durch ausgelassene Freude an diesem Tag. Mit den Worten "Ich habe schon genug Knallerei in meinem Leben gehabt" ging mein Vater (Jahrgang 1925) noch vor Mitternacht ins Bett. Einmal gab es Feuerzangenbowle, die war so starkt, dass niemand den Jahreswechseln erlebt hat. Der Zucker hat aber auch zu schön gebrannt.

Wohlgemerkt: Ich gönne jedem seine Silvesterparty von Herzen. Normalerweise lasse ich auch keinen Grund zu feiern aus. Nur eben an Silvester nicht. Feiert also schon mal ohne mich, ich komme dann an Fasnacht nach.












Freitag, 26. Dezember 2014

Zeitverschwendung

Ist das Lesen eines Blogs über ein gewöhnliches Leben eines gewöhnlichen Menschen Zeitverschwendung und sind Blogs generell in Frage zu stellen? Darüber habe ich mir heute Gedanken gemacht und danke an dieser Stelle für die Anregung.

Stimmt haargenau. Ich bin ein gewöhnlicher Mensch mit einem gewöhnlichen Leben und kenne gewöhnliche Menschen. Das war die Ausgangslage meiner Überlegungen. Bei näherer Betrachtung und beim Nachdenken über die Menschen, die ich mich glücklich schätze zu kennen, fiel mir auf, dass es ganz und gar keine gewöhnliche Menschen sind.

Für mich jedenfalls sind sie außergewöhnlich (sie selbst sehen das wahrscheinlich ganz und gar nicht so). Sie sind außergewöhnlich in dem was sie tun und welche Bedeutung sie für ihre Mitmenschen haben. 

Diese Collage ist  natürlich unvollständig (da fehlen noch einige) und manche abgebildete Personen stehen stellvertretend für viele andere. Vereinsvorstände, "Fasnächter", Ferienlager, Musiker, Freunde und Familie. Alle außergewöhnlich. So wie ich. 

Ob nun das Lesen über ein gewöhnliches Leben einer außergewöhnlichen Person Zeitverschwendung ist, möge jeder für sich selbst entscheiden. Meinen Blog muss man ja nicht lesen. Und etwas zu tun, was man als Verschwendung empfindet, und sich dann darüber zu ärgern, dass man es tat, ist - irgendwie blöd.

Ob man Blogs generell in Frage stellen muss? Warum sollte man das tun? Ich selbst lese zwei Blogs: "Lebensart im Markgräflerland" und "Wir zwei in Neuseeland". Warum sollte ich mir das entgehen lassen? Warum sollte man etwas in Frage stellen, was anderen Menschen Freude macht?  




Dienstag, 23. Dezember 2014

Familienausflug

Es kommt nicht mehr so oft vor, dass Familie Lais gemeinsam unterwegs ist. Wäre jetzt auch etwas sonderbar, wenn ich immer noch meine Kinder überall hin mitnehmen würde. Und wenn wir zu fünft auftauchen, ist die Bude voll. Gestern war es aber mal wieder so weit: Familienausflug nach Freiburg.

Bernds Nichte hatte gestern Geburtstag. Mit ihrem Lebensgefährten betreibt sie in Freiburg in der Wilhelmstraße die Lila Bar.

Ich möchte an dieser Stelle mal etwas Werbung für die Lila Bar machen. Eine große Auswahl an Cocktails (mit oder ohne Alkohol), Gin, Wermut, Absinth, Cachaca, Wodka, Rum, Whiskey etc. lecker Mittagstisch, Abendkarte und Snacks (mehr unter lilabar-freiburg.de). Die Lila Bar hat nur einen Nachteil: Sie ist in Freiburg und nicht in Neuenburg. So was fehlt nämlich eindeutig in unserer Stadt.

Jedenfalls nahmen wir den Geburtstag zum Anlass, mal wieder einen gemeinsamen Abend außerhalb der eigenen vier Wände zu verbringen. Der Plan war, mit dem Zug zu fahren. Vom Bahnhof ist es nicht mehr weit zu laufen. Und auf dem Heimweg würde uns Theresa mitnehmen, die direkt aus Breisach nach Freiburg fährt. Allerdings ist es billiger, zu viert mit dem Auto zu fahren, also fuhr Matze. Für Mäc und mich war es eigentlich klar, dass wir ins Parkhaus des Konzerthauses fahren, die Männer meinten aber, in der Nähe der Bar einen Parkplatz finden zu können. Wir parkten im Konzerthaus.

Theresa Hinkelotte wartete schon auf uns und so ging es strammen Schrittes (Theresa mit Krücken) und voller Vorfreude Richtung Wilhelmstraße. Und immer schön auf die Freiburger Radfahrer aufpassen.

Als wir die Bar betraten, waren meine Schwiegermutter, Schwägerin, Schwager mit Frau und Tochter schon da. Ihre Freude, uns zu sehen, hielt sich irgendwie merklich in Grenzen. Aber vielleicht lag das auch am Thema, das sie gerade hochkonzentriert diskutierten. Wer bäckt die beste Linzertorte? Welche Frage. Mäc natürlich. Aber das wollten wir nicht sagen.

Mit der Information, dass meine Schwiegermutter in diesem Jahr Weihnachtskerzen mit Batterien habe, und nun der Weihnachtsbaum mit einem Klick zum Leuchten gebracht werde, wurde das Thema gewechselt. Auch da konnten wir nicht mitreden. Wir haben immer noch eine Lichterkette (mit kleinen Kerzen) und echte Kerzen. 
Aber wir hatten ja immer noch uns und wir haben eigentlich immer was zu reden.

In der Zwischenzeit bestellte ich einen superleckeren Punsch und eine Currywurst. Das klingt jetzt vielleicht banal (also das mit der Currywurst), aber diese Currywurst ist das Beste, was ich je an Currywurst gegessen habe. Für mich ein Muss bei jedem Besuch.

Bernd unterhielt sich mit seinem Bruder über Fußball (klar) und ich übte mich in Smalltalk, der wirklich sehr small war.

Nach meiner Bestellung des zweiten Punschs wollten Theresa und Matze mittels "Schnick-Schnack-Schnuck" ausknobeln, wer die Mama nach Hause fahren muss. Die Kinder wollten uns nämlich unbedingt auf zwei Autos aufteilen. Wenn nämlich ein Auto in einen tödlichen Unfall verwickelt wäre, bliebe immer noch ein Elternteil übrig. 

Dann kam das Gespräch auf den SC Freiburg und den Plan, ein neues Stadion im Wolfswinkel zu bauen. War jetzt auch nicht wirklich weihnachtsstimmungsfördernd. Meine Schwägerin wohnt in der Nähe und ist eine strikte Gegnerin. Bernie und ich sind dafür. Sie brachte alle mir bekannten Argumente der Gegner zur Sprache, von wegen Frischluftschneiße und Flugplatz. Mir war bis dato gar nicht bewusst, dass meine Schwägerin einen Flugplatz braucht, aber gut, was weiß ich schon. Auch meine Schwiegermutter meinte, sie habe auch schon einmal einen Schwarzwaldrundflug gemacht. In 82 Jahren eine wirklich beachtliche Leistung. 
Wenn ich SC Freiburg wäre, hätte ich das Stadion schon lange mit dem Mack in Rust gebaut. Aber mich fragt halt mal wieder keiner.
Als dann die vermeintliche Meinung des toten Schwiegervaters ausgegraben wurde, beendete Theresa mit einem Machtwort (wie es nur unsere Resi kann) die Diskussion.

Ich bestellte mir meinen dritten Punsch.

Bernie meinte dann irgendwann, wir könnten uns doch jedes Jahr am 22. Dezember in der Lila Bar treffen. Die Reaktion war etwas verhalten. 

Die Frage, wer denn nun die Mama mitnimmt, war rasch geklärt. Matze weigerte sich nämlich, den Bernie mitzunehmen, da dieser nicht in einem Rutsch nach Hause fahren konnte, sondern ganz sicher auf einem Rastplatz Halt machen musste. Das hieß dann also Mama mit Matze und Resi nimmt den Rest.



Zu Matzes allergrößtem Erstaunen war Resi mit ihrem Popel-Opel schneller zu Hause als er mit seinem GTI. Trotz Bernie-Handicap. 


Samstag, 20. Dezember 2014

Nur kein Stress!

Es soll tatsächlich Leute geben, die Anfang Dezember schon alle Weihnachtsgeschenke gekauft und verpackt haben. Ich frage mich, was machen die eigentlich in der restlichen Vorweihnachtszeit. Ganz ehrlich, ohne kurz vor Heiligabend noch in den Läden aufzutauchen, würde mir was fehlen.

Ich verstehe durchaus, dass man dem Weihnachtsrummel kritisch gegenüberstehen kann. Für mich ist es dennoch eine besondere Zeit. Man muss sich dem ganzen, gerne als manipuliertem Konsumterror bezeichneten Wahnsinn, nicht beugen. Die Grenzen kann jeder für sich ziehen. Und der Wert eines Geschenkes hat mit dem Wert nichts zu tun. So hat das Jesuskind von den Drei Weisen Gold, Weihrauch und Myrrhe geschenkt gekriegt. Toll. Praktisch war das ja nicht gerade, und ich kann mir denken, dass Maria mit warmen Sachen für ihren Sohn mehr geholfen gewesen wäre. 

Weihnachten - George Michael memmt rum und Bob Geldof rettet mal wieder Afrika. Muss funktioniert haben, von Ebola hört man nix mehr, es wird also wohl nicht mehr gestorben. 
Mir gefällt "Driving home for Christmas" ja wesentlich besser als das nervtötende Gejammere von "Wham". In Gedanken fahre ich jede Weihnachten zurück zum Weihnachten meiner Kindheit. Zu den selbst gedrechselten Weihnachtsbaumfiguren meines Vaters (sehr speziell), zur Krippe (absolut speziell), einmal hat der Christbaum gebrannt und nicht zu vergessen die Glitzerkleider, die ich meiner kleinen Schwester und mir auf der alten Singernähmaschine genäht habe. Mit drei Kindern ging es bei uns alles andere als besinnlich zu. Opa lebte auch noch bei uns, es konnte allerdings sein, dass er in der nahe gelegenen Kneipe versumpfte, was die Weihnachtsstimmung meiner Mutter etwas trübte. Uns Kindern war es egal. Geschenke vom Opa gab es sowieso nie.

Weihnachtsmärkte all überall und ich hör die ewigen Nöler, die nölen, es ginge hierbei nur um winterliche Kollektivbesäufnisse. Dem möchte ich gar nicht widersprechen. Allerdings ist es doch schön, sich in glühweinseliger Atmosphäre zu Weihnachtsklängen und Winterdüften zu treffen und ist immer noch besser, als braunen Rattenfängern hinterherzulaufen, die meinen, sie müssten das Abendland retten. Neulich habe ich gelesen, dass vermehrt Elche nach Deutschland einwandern. Das sollte sich der gemeine Elch genau überlegen, bevor er durch deutsche Wälder trampelt. Es finden sich sicher bald Patridiotische Europäer gegen die Elchisierung und dann ist Ende Gelände.

An Heiligabend wartet auch wieder ein spezielles Programm auf den geneigten Fernsehzuschauer. Carmen Nebel wabert im ZDF, ansonsten gibt es die hundertsten Wiederholungen davon, was man sich in Hollywood unter einem Weihnachtsfilm vorstellt. In der ARD gibt es davon die deutsche Version - auch nicht besser. Auf Pro7 läuft "Stirb langsam" und "Tödliche Weihnachten". Klingt irgendwie nach Weihnachtsverweigerung.

Die Geschenke für meine Lieben habe ich natürlich noch nicht alle. Hab ja noch etwas Zeit - also alles im grünen Bereich, nur kein Stress. Wenigstens der Baum steht schon im Holzschopf. Katze Emmely freut sich sicher schon darauf, wenn im Wohnzimmer wieder ein Baum steht, an dem Spielsachen hängen.



Dienstag, 16. Dezember 2014

Märchenwinterwunderland

Ist es nicht herrlich, wenn die Wintersonne den Himmel in einem schier unwirklichen Blau erscheinen lässt? Wenn Schneekristalle die Landschaft in ein wunderschönes Märchenwinterwunderland verzaubern? Wenn in den Wohnstuben Kerzenlicht die Herzen der Menschen wärmt? Wenn die Natur ein kleines Päuschen macht?

Nein. Ist es nicht. Dann hat sich der Winter höchstens von seiner angenehmen Seite gezeigt, aber er bleibt, was er ist: Ein kalter Geselle. Er und ich waren noch nie ein Herz und eine Seele. Und das wird auch nichts mehr in diesem Leben.

Denn mal ganz ehrlich: Wie viele solcher Märchenwinterwunderlandtage gibt es denn in den Wintermonaten? Die kann man an einer Hand abzählen. Ansonsten ist die Welt um uns herum eher trist, gemalt in den Farben Kackbraun, Matschgrau und Schmutzigweiß.

Sobald das Thermometer unter 15° fällt, beginnt für mich die Zeit der Leiden. Das war schon immer so. Gern gibt meine Mutter eine Geschichte aus meiner Kindheit zum besten. Wie sie mich stundenlang mehrlagig angezogen hat (Schneeanzüge gab es noch nicht), damit ich mit meiner Schwester Schlitten fahren gehen konnte. Nach 5 Minuten im Schnee hat mich meine Schwester dann wieder nach Hause gebracht. Ich habe Rotz und Wasser geheult, weil mir zu kalt war.
Ich denke allerdings, dass meine Schwester mich, kaum dass wir draußen waren, in den Schnee geschmissen hat. Immerhin ist sie 5 Jahre älter und hatte sicher keinen Bock, auf ihre Schwester aufzupassen, während sie mit den Kindern aus der Nachbarschaft Schlitten fahren wollte. Allerdings fehlen mir für diese meine Behauptung leider die Beweise. Und natürlich wird sie es heftigst dementieren.

Meine Abneigung gegen den Winter ist geblieben. Die Kleidung, die mich auch bei < 15° warm hält, ist noch nicht erfunden. Das Grau in Grau schlägt mir aufs Gemüt. Und warum sollte ausgerechnet zu Weihnachten Schnee liegen?

Neulich hab ich von einer Holländerin gelesen, die mit dem Traktor zum Südpol gefahren ist. Gut. Am Südpol ist grad Polarsommer. Und von Holländern weiß man, dass sie ein reiselustiges Völkchen sind. Aber mit dem Traktor? In diese Gegend? Bei der Kälte? Allein bei der Vorstellung krieg ich Frostbeulen.

Abends um 5 ist es schon dunkel und wer durch die Straßen geht, dem tränen angesichts der teilweise skurrilen Fensterbeleuchtungen die Augen. Den "Bad-Taste-Award" teilen sich dabei gleich mehrere Bewerber. Blinkende Sterne in den Farben weiß, rot und blau, türkisfarbene Lichterketten, beleuchtete Kitschfiguren (sehr gerne Schneemänner, Weihnachtsmänner oder Rentiere) und vieles mehr, was es an Geschmacklosigkeiten sonst noch gibt.

Mein Lieblingsplatz ist im Flur vor dem Ofentor des Kachelofens. Da steh ich wie festgeklebt, bis es wieder Frühling wird. Es sind noch 94 Tage bis zum 20. März.

Montag, 8. Dezember 2014

Man weiß es nicht

Die Frage nach meinem Lieblingsfilm ist schnell beantwortet. Ich kann schon nicht mehr genau sagen, wie oft ich die "Herr der Ringe"-Trilogie schon angeschaut habe. So auch an diesem Wochenende den 3. Teil. Die Rückkehr des Königs.

"Ihr verbeugt Euch vor niemandem." Allein dieser Satz (überhaupt die ganze Szene) lässt mich dahin schmelzen.

Merkwürdigerweise schaffe ich es allerdings nie, mir die Teile in aller Ruhe von Anfang an anzusehen. Die ersten beiden Stunden fehlen mir grundsätzlich, so auch am Samstag, als mein Plan, mich von Beginn an auf die Rückkehr des Königs vorzubereiten, durch die A-Jugend des FC Neuenburg vereitelt wurde. Aber das ist eine andere Geschichte.

Sat 1 war so nett und hat für mich den 3. Teil wiederholt. So verbrachte ich eben zusammen mit Resi den Sonntagnachmittag in Mittelerde. Magdalena buk in der Zwischenzeit Weihnachtsplätzen und Linzertorte - jeder eben das, was er am besten kann.

So oft ich sehe, wie König Théoden aus Rohan und (der noch nicht König) Aragorn aus Gondor sich an die Spitze ihrer Truppen setzen und sie einschwören auf den bevorstehenden Kampf um Minas Tirith, so oft frage ich mich, ob unsere Welt eine andere wäre, wenn auch unsere Entscheidungsträger an vorderster Front mit ihren Mannen in den Krieg ziehen müssten. Wenn alle Sesselfurzer (oder Sitzsack- oder Teppichfurzer - je nach Sitzmöbel der Herren Taliban und Führer des IS) sich an die Spitze der von ihnen geführten Schlachten setzen müssten. 

Gäbe es weniger Kriege, wenn die Damen und Herren Verteidigungsminister und Staatsoberhäupter an vorderster Front mit Leib und Leben in all den kriegerischen Auseinandersetzungen kämpfen müssten? Wenn sie die schmutzige Arbeit nicht nur delegieren würden? Wenn es nicht nur ab und zu werbewirksame Truppenbesuche fürs Fotoalbum geben würde? Wenn sie aktiver Teil ihrer Truppen wären? 

Man weiß es nicht. Das Leben findet eben nicht im Konjunktiv statt.

Gut - die Stellenbeschreibung wäre tatsächlich nicht mehr wahnsinnig attraktiv. Und bei der maroden Ausstattung der Bundeswehr würde es für Ursel von der Leyen und Joachim Gauck wahrscheinlich nur für ein Pferd reichen. Aber immerhin: Für die Befreiung von Minas Tirith und Mittelerde hat das auch gelangt.


Mittwoch, 3. Dezember 2014

Von neuen und alten Besen

Am letzten Sonntag fuhren Bernd und ich mit unserem Schutzengel nach Segnas in Graubünden, um für das Ferienlager der KjG  im nächsten Jahr ein Haus zu besichtigen.

Uns hat es etwa 60 km vor Chur einen Reifen zerfetzt, und es war vom Schutzengel furchtbar nett, dass er mitgefahren ist. Es ist weiter nichts passiert, als dass wir den Reifen am Straßenrand wechseln mussten.

Wieso die Haussuche mittlerweile zu meinen Aufgaben innerhalb der Katholischen Seelsorgeeinheit zählt, ist eine lange Geschichte, die mich immer dann wütend macht, wenn ich mir genau diese Frage stelle: Warum ich, beziehungsweise: Warum wir?

Vor langer, langer Zeit, im goldenen Zeitalter der Katholischen Gemeinde in Neuenburg, rief der damalige Pfarrer Schulz das von allen sehr geschätzte Ferienlager für Jugendliche ins Leben. Auch sein Nachfolger setzte die Tradition fort. Selbstverständlich oblag die Organisation und  Durchführung in den Händen der hauptamtlichen Leiter der Seelsorgeeinheit.

Dann zogen dunkle Wolken auf und der Himmel verfinsterte sich - also zumindest unserer, die wir als Gruppenleiter und Küchenteamler mit sehr viel Herzblut tätig waren.

Neue Besen kehren nicht immer gut und der neue Besen hatte Stahlborsten, mit denen er alles wegfegte, was nicht in sein katholisches Leitbild passte. Und das läpperte sich.

Gospelchor - hat nichts in der Kirche verloren, Musikgruppe der Jugend - weg damit, Katecheten Kommunion - weg damit, Katecheten Firmung - weg damit, Zahl der Ministranten - nahezu halbiert, usw. usw. Bewährte Strukturen wurden zerstört. 

Das neue Gemeindeoberhaupt schien aus der Zeit gefallen zu sein. Einer Zeit vor dem 2. Vatikanischen Konzil. 

Auch das Ferienlager stand auf seiner Streichliste, allerdings stieß er da auf erheblichen Widerstand. Wenigstens auf Seiten der Leiter und "Küche". Unterstützung aus dem Pfarrgemeinderat erhielten wir nicht. Im Gegenteil: Einige Kleingeister meinten, endlich auf Kosten des Ferienlagers alte Rechnungen begleichen zu müssen. Sie schämten sich nicht dafür, uns ihre Verachtung zu zeigen, obwohl auch ihre Kinder Teilnehmer des Lagers waren. Es wurde die Straßenseite gewechselt, sobald man Gefahr lief, einen "Aufwiegler" grüßen zu müssen. Freundschaften zerbrachen an der Frage: Für oder gegen den neuen Besen. Und wer traut sich zu outen? Man riskierte viel, wenn man sich als "Gegner" offenbarte.

Die Weinigen, die uns im Pfarrgemeinderat unterstützten, warfen entnervt das Handtuch. Ja, so geht es eben zu bei uns Katholen.

Wollten wir das Lager im Sinne seines Gründers am Leben erhalten, mussten wir uns "selbstständig" machen, d.h., wir begaben uns unter das Dach der KjG. Natürlich wurde dieser Schritt mit beleidigenden Äußerungen während einer Pfarrgemeinderatssitzung kommentiert. Irgendwann in der Sitzung bin ich wutentbrannt aufgestanden und bin in den "Salmen" gestürmt. 

Wie gesagt, seitdem organisieren wir das Lager. Und dazu gehört eben auch die Haussuche. Das Haus muss vor allem "billig" sein, damit auch Kinder aus weniger betuchten Familien die Möglichkeit haben, am Lager teilzunehmen. Das ist ein Teil dessen, was uns als Christen ausmachen sollte. Und spätestens bei diesem Gedanken packt mich die Wut. Es ist eben nicht unsere Aufgabe, alles, was mit der Durchführung eines Lagers zusammenhängt, ehrenamtlich zu stemmen. Dafür gibt es Hauptamtliche. Es ist ihr Job, für die Gemeinde da zu sein. Und zwar für alle.    

Finanziell ist so ein Ferienlager natürlich ein Tanz auf der Rasierklinge. Von der Kirchengemeinde ist leider nichts zu erwarten. Die muss das Geld anderweitig zum Fenster rausschmeißen. Kuchenverkauf nach dem Gottesdienst geht auch nicht mehr - wobei bei der Anzahl der Gottesdiensbesucher mehr als ein Kuchen wohl auch nicht verkauft werden würde. Es bleibt einzig die Papiersammlung mit der Kolpingfamilie, die unser Kässlein auffüllt. Und die Zuschüsse aus was weiß ich für Quellen, die Lisbeth aufgetan hat. Gott sei Dank erfahren wir noch weitere Unterstützung von Firmen Institutionen und Privatpersonen. Ohne sie sähe es wesentlich dusterer aus.

Durch unsere Gemeinde geht nicht nur ein Riss. Wer sich die Grabungsstelle in Neuenburg in der Schlüsselstraße anschaut, kann sich vom Zustand ein ungefähres Bild davon machen. Natürlich gibt es mittlerweile auch welche, die die Seite gewechselt haben und eigentlich auch schon immer auf unserer Seite standen. Heuchler. Da kommt  mir die Galle hoch.

Nächstes Jahr kommt wieder ein neuer Besen. Ich beneide ihn nicht. Ich hätte unsere Gemeinde nicht gerne an der Backe.