Freitag, 10. Juni 2016

Hochzeitstag

Bernie und ich gehören nicht unbedingt zu den Hochzeitstagszelebrierer. Aber 30 Jahre waren für mich dann doch ein Anlass, den Wunsch nach einem besonderen Event zu äußern.

Wir entschieden uns für einen Städtetrip nach Lissabon. Nun verspricht ein Urlaub mit Bernie, und sei er noch so kurz, auf jeden Fall jede Menge Action.  Auch die 4 Tage Lissabon machten da keine Ausnahme. Besonders nicht an unserem Hochzeitstag, der auf jeden Fall in die Annalen eingeht.

Strahlend blauer Himmel, ein reichhaltiges Frühstück und eine Tour durch die Gassen der Alfama - der Tag begann vielversprechend. Wobei Bernie nicht unbedingt ein Fan der engen Gassen war. 

Egal in welcher Stadt ich mich befinde, zünde ich für meine Lieben ein oder zwei Kerzlein an. Gesagt - getan, in der Kirche Santa Maria de Belém zwei Kerzen gestiftet und weiter ging es auf die Suche nach einer schönen Tasse, die ich mir als Souvenir mitnehmen wollte. Etwa hundert Meter unterhalb der Kirche wurde ich fündig und wollte die Tasse kaufen. Dies scheiterte allerdings daran, dass man Bernie zwischenzeitlich den Geldbeutel gestohlen hatte.

Oberste Regel bei Auslandsaufenthalten ist für mich, nie, nie, aber auch niemals den Reisepass oder Personalausweis mit zuführen. Der gehört unbedingt in den Safe im Hotel. Habe ich das Bernie gesagt? Selbstverständlich. Hat er sich daran gehalten? Natürlich nicht. Somit war seine ID-Karte, sein Führerschein und zwei Scheckkarten weg. Gott sei Dank war das Bargeld in seinem Schlüsselbund. Klingt komisch, ist aber Bernie.

Wir sprachen also umgehend eine Tuktukfahrerin an, die uns zurück ans Hotel fuhr. Wenigstens war das TukTuk hochzeitsweiß und so rumpelten wir übers Kopfsteinpflaster einmal quer durch die Stadt. Im Hotel angekommen erklärte ich dem freundliche Herrn an der Rezeption unsere missliche Lage. Leider mussten wir ihn bemühen, uns das Zimmer zu öffnen, denn natürlich war die Schlüsselkarte auch weg. Nachdem ich die EC-Karten sperren ließ, erklärte uns der immer noch freundliche Herr der Rezeption den Weg zur nächsten Polizeistation und rief auch bei der Botschaft an, die hatte allerdings schon zu, da mussten wir am nächsten Morgen hin.

Auf der Polizei warteten noch zwei Paare, ein drittes betrat kurz nach uns die kleine Polizeistation. Kurz darauf betrat eine ältere Frau den Raum, ziemlich verhärmt, ihre Kleider hatten auch schon bessere Tage gesehen und ich fragte mich, ob sie überhaupt eine Bleibe hatte. Na die Polizisten werden ihre Freude an der Alten haben, dachte ich mir. 

Und dann hatten mich meine Vorurteile zutiefst beschämt. Die Polizisten freuten sich nämlich tatsächlich über das Erscheinen der alten Dame. Sie würde weggeworfene Portmonees einsammeln, die von Taschendieben achtlos weggeworfen wurden, erläuterte uns eine Polizistin. In diesem Fall übergab sie eine Brieftasche einer Französin.

Vor dem Einschlafen hielt ich dann noch Zwiesprache mit dem Hl. Antonius und meinte so zu ihm, dass es eigentlich cool wäre, wenn er uns das Portmonee wieder beschaffen könnte. So wie bei der Französin. Probieren kann man's ja mal.

Am nächsten Morgen stand also der Gang zur Botschaft auf dem Programm, um Ersatzpapiere für die Ausreise für Bernie zu beantragen. Zuvor hatte Mäc für uns recherchiert, dass Bernie zwei biometrische Passbilder benötigt. In der U-Bahnstation fanden wir eine Fotografin und bestens vorbereitet stiefelten wir zur Botschaft.

Das war schon witzig, auf einmal waren wir wieder auf Deutschem Hoheitsgebiet. Man konnte sich deutsch unterhalten und das Formular musste man nicht erst übersetzen. Am nächsten Morgen wäre der Ersatz da, man müsse erst noch die Stadt Neuenburg kontaktieren, ob gegen Bernie auch nichts vorläge. Das hätte ich alles nicht erlebt, meinte mein Gatte zu mir. Ich enthielt mich eines Kommentares.

Es war noch früh am Tag und so schlenderten wir in die Innenstadt. Wir standen neben der uns wohlbekannten Polizeistation, als die Deutsche Botschaft Bernie aufs Handy anrief. Der Geldbeutel sei abgegeben worden. Der Ausdruck "Fassungsloses Erstaunen" traf unsere Empfindungen in dem Moment nicht mal annähernd. Wir ließen uns den Weg zur Polizeistation zeigen, in der Bernies Geldbeutel liegen sollte und tatsächlich: Es war Bernies Portmonee, samt Führerschein und ID-Karte, Scheckkarten und € 40,-- waren weg.

Die Menschen, die wir in Lissabon wegen der Unachtsamkeit belästigen mussten, waren allesamt sehr freundlich und hilfsbereit. Außer der blöden Tussi, die mir die Figur des Hl. Antonius verkaufte.

Ich hoffe, Bernie ist das für die Zukunft eine Lehre. Sein "ich merke das, wenn mir einer was aus einer Tasche klaut", wurde eindeutig widerlegt.

Abgespielt hat sich der Diebstahl meiner Meinung nach so: 
Als wir aus der Kirche rausgehen wollten, bildete sich vor dem Ausgang eine Schlange und es kam zu einem kleinen Tumult. Natürlich wurde der Menschenstau provoziert, es gab nämlich überhaupt keinen Grund, warum es nicht vorwärts ging. Und als es dann endlich weiterging war alles erledigt und der Geldbeutel weg. Und das merkt man definitiv nicht.


definitiv mein Lieblingsheiliger