Dienstag, 8. Dezember 2015

Ein atemberaubender Abend

Vor ein paar Wochen fragte mich die Leiterin der Stadtbibliothek, ob ich nicht Lust hätte, an einer Buchlesung des Müllheimer Autors Harald Gritzner in historischem Gewande teilzunehmen. Gerne auch mit Mäc. Besagter Autor habe nämlich ein Buch geschrieben, das in Neuenburg im Mittelalter spielt. Das ist ja mal ganz was Neues, dachte ich, sagte spontan zu und habe mich auf einen interessanten Abend gefreut.

Man muss ja auch mal sehen, was die Konkurrenz so treibt. Wie stellt ein anderer die Zeit des Mittelalters in meiner Stadt dar. Wobei wir zeitlich beinahe 200 Jahre auseinander liegen. Aber egal. Gespannt war ich allemal.

Was ich in meiner Euphorie leider nicht bedachte war die Frage, ob ich überhaupt noch in mein Gewand passte. Zwei Tage vor besagtem Abend schlüpfte ich hinein und stellte fest, dass ich ohne Hilfe hinten im Freien stehen würde. Einen Plan B gab es nur insoweit, dass ich mir dachte, ich trage das Kleid mit einem Schultertuch. Wenn meine Mädels eines in Hülle und Fülle haben, dann sind es Tücher in allen Farben und Größen.

Dank Mäc funktionierte allerdings schon Plan A . Mehr oder weniger. Ich atmete ganz tief aus - und beneidete zum ersten Mal in meinem Leben Apnoetaucher. Mäc schloss den Reißverschluss und ich wagte ganz langsam und sehr, sehr flach wieder einzuatmen. Tief einatmen ging nicht und auch die Arme konnte ich nicht heben. Aber sonst ging es. Mäc hatte es da entschieden einfacher. Kutte-Gürtel-fertig.

Der Abend hat mir sehr gut gefallen. In aller Bescheidenheit darf ich sagen, dass Mäc und ich die perfekten Eyecatcher waren. Wir reichten Wein und Scharwaie, hier ein Schwätzchen, da ein Schwätzchen, also alles nach meinem Geschmack. Sehr gefreut habe ich mich über die musikalische Umrahmung in Gestalt von Herrn und Frau Haaf und Herrn Meier-Ehrat.

Welchen Aufwand ein Verlag für ein Buch betreibt, ist schon erstaunlich. Das ganze Drumrum war wirklich sehr beeindruckend. Da hat man eigens einen Stadtplan aus dem Jahre 1525 von einer Grafikerin gestalten lassen. Also so, wie man das sich vorstellt. Ist ja nichts mehr da an Vorlagen. Wirklich toll gemacht. Wobei mir zwei Kleinigkeiten aufgefallen sind, die ich anders sehe. Aber ich will ja hier nicht rumnölen.

Das flache Atmen und mein sehr aufrechter Gang begleiteten mich natürlich den ganzen Abend. Das Plan-B-Schultertuch hatte ich nämlich nicht dabei, und sollte der Reißverschluss nicht das halten, was er mir noch zu Hause versprochen hatte, dann hätte ich den Rest des Abends buchstäblich mit dem Rücken zur Wand verbringen müssen.  

Die Lesung brachte mir tatsächlich die erhofften Erkenntnisse für meine Schreiberei. Zum einen habe ich mir im Geiste auf die Schultern geklopft (ging auch nur im Geiste, ich konnte ja den Arm nicht heben) und mir im Stillen für meine Bücher gratuliert. Außerdem war mir der Abend Ansporn, mit dem eigenen Buch vorwärts zu kommen.
Mit einem Verlag im Rücken gestaltet sich einiges völlig anders. Die Unterstützung ist schon enorm.
Tja, und sollte ich mal wieder zu einer Lesung einladen, muss ich mir auf jeden Fall was ganz anderes überlegen.

Etwas schade fand ich, dass die erwähnten Musiker nach meinem Geschmack etwas zu kurz kamen. Die musikalische Umrahmung der einzelnen vorgelesenen Buchabschnitte hätte ich auf jeden Fall diesen hochkarätigen Musikern überlassen und nicht dem PC. Aber das soll's auch gewesen sein mit Kritik.

Gefreut hat mich die große Zahl an Zuhörern, so hat sich für das Team der Stadtbücherei wenigstens der Aufwand gelohnt. Zumal Lesungen in Neuenburg nicht immer gut besucht sind.


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