Mittwoch, 16. Juli 2014

Das zweite Wochenende im Juli

In diesem Jahr jährte sich das Nepomukfest zum 46. Mal. Es ist wohl eines der ältesten Straßenfeste in Südbaden, startet immer am zweiten Freitag im Juli und endet am darauffolgenden Montag. Es gibt kein Jahr, an dem ich nicht dabei war. Nun gut, die ersten Jahre beschränkte sich mein Aktionsradius auf das Kinderkarussell, allerdings zog ich im Laufe der Jahre immer weitere Kreise.

Mittlerweile hat sich der Kreis wieder etwas eingeengt. Ich bewege mich hauptsächlich zwischen  der Laube des FC Neuenburg und dem Weinbrunnen des Männergesangsvereins, wo ich mich mit Gaby und Hubert verabrede. Zur selben Uhrzeit, am selben Treffpunkt, wie letztes Mal. Und wenn wir dann irgendwann mit unseren Rollatoren angeschoben kommen, haben wir sogar eine Sitzgelegenheit. 

In diesem Jahr spielten am Freitag "Fashion" auf dem Tanzboden gegenüber ein Medley von Andrea Berg. Was für den Neandertaler ein Säbelzahntiger, ist für mich Andrea Berg. Mein einziger Gedanke war, ich muss hier weg und so spurtete ich an den Bierbrunnen der Riesirutscher. Dort standen Theresa und Matze. Ihre Begeisterung, mich zu sehen hielt sich in engen Grenzen. Mit Mutti auf dem Nepomukfest ist nicht so ihres. Theresa machte mich auch gleich darauf aufmerksam, dass auch Susi und Thommy da seien.
Es wurde ein richtig langer Abend am Weinbrunnen, zum Schluss traf ich Matze nochmal und mittlerweile war es ihm auch egal, mit Mutti rumzustehen.

Samstag ist nicht so mein Tag. Samstag überlasse ich gerne den Auswärtigen, die in Scharen das Fest bevölkern. Außerdem habe ich wirklich jedes Spiel der Fußball-WM gesehen und da verstand es sich von selbst, dass ich auch das Spiel um Platz 3 anschaute. Erschwerend kam hinzu, dass Gaby und Hubert ihren Enkel hüteten und Bernie beim FC Neuenburg festgetackert war. Die Ballermannmusik ging mir auf den Senkel und ich zog es vor, nach Hause zu gehen. Bernie folgte später.

Sonntag hatte Bernie Dienst in der Küche des FCN. Die Küchencrew hatte ganz schön viel zu tun und ich beschloss, ihnen zu helfen. Ich erklärte Bordi, dass ich seinen Job an der Spülmaschine übernehme. Er so: Ja echt jetzt. Ich so: Klar, kein Problem. Er so: Jetzt wirklich. Ich so: Das krieg ich hin. Er konnte kaum glauben, dass jemand, der nicht auf dem Dienstplan steht, einfach so aushilft. Vielleicht kennt er das nicht. Susi und ihre Tante Ulla wirbelten auch in der Miniküche, wobei Tante Ulla eindeutig Chef im Ring war. Tante Ulla erinnerte mich an eine Sprechpuppe, an der der Ausschaltknopf kaputt gegangen ist. Ihre Idee, die Küchenprofis in die Nepomuklaube zwecks Verbesserung der Arbeitsabläufe etc. einzuladen, finde ich immer noch irgendwie ... schräg.
Den Plan, evtl. nach dem Finale noch aufs Fest zu gehen, verwerfe ich. 

Fête de jour. Am 14. Juli wurde die Bastille gestürmt, heute stürmen die Franzosen Aldi, DM und Lidl. An französischen Feiertagen wird die Stadt heimgesucht, es reiht sich Stoßstange an Stoßstange und ich bin jedesmal schier fassungslos darüber, warum die Franzosen, nur weil Feiertag ist, in unsere Stadt einfallen.  
Heute steht in der Badischen Zeitung, es wären weniger Franzosen da gewesen als von den Vereinen erhofft. Echt jetzt? Für mich waren es genug.

Ein letztes Mal treffen wir uns am Weinbrunnen und wie in jedem Jahr sind wir erstaunt über die Menschenmassen, die sich zwischen den Lauben Zentimeter um Zentimeter vorankämpfen.
Ey Alter, dann muss isch auf Klo un isch an Boxauto vorbei, ey, abba macht nix, war Sekuriti am Start Alter. Die reden wirklich so.
Nach dem Feuerwerk lichten sich die Reihen etwas. Auch an diesem Abend wird es etwas später.


Ich bin gerade von meinem nächtlichen Spaziergang mit dem Hund wieder zu Hause, da treffe ich Theresa im Flur. Die Frage, ob ich etwa ein klein wenig zu viel getrunken hätte, verneine ich beinahe empört. Und warum ich dann meinen Schal hinten aus der Jogginghose raushängen habe, war Resis nächste Frage und sie schaute mich streng an. Darauf habe ich natürlich nicht wirklich eine plausible Antwort und verweise auf den neuesten Modetrend. Wer für immer einen Platz in meinem Herzen haben möchte, der möchte bitte, wenn er Theresa das nächste Mal sieht, einen Schal hinten aus der Hose hängen lassen - vielen Dank im Voraus.

Auch in der weiter östlich gelegenen Nachbarstadt versucht man sich, eine ähnliche Atmosphäre auf ihrem Stadtfest zu schaffen und man kann ihnen nicht absprechen, dass sie sich nicht bemühen würden. Allerdings muss ich aus meiner Sicht sagen, es gelingt ihnen nicht wirklich. Wer zu seinen Gästen mittags um vier sagt, tut mir leid, es gibt von vier bis sechs nichts zu essen, die Küche mache zu, der muss noch etwas an seiner Willkommenskultur arbeiten. 

Es würde mir was fehlen, ohne das Nepomukfest. Es gibt tatsächlich Menschen, die sich sehr freuen, mich mal wieder zu sehen. Und umgekehrt. Das tut gut. Es gibt Menschen, die sieht man nur einmal im Jahr, immer zur gleichen Zeit, immer am zweiten Juliwochenende. 








  

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