Montag, 4. Mai 2015

Sonntagsvergnügen

Ob wir denn nicht am Sonntagabend grillen könnten, schließlich sei ihr Geburtstag, meinte Resi letzte Woche. Nun ist es so, dass bei uns der FC Neuenburg die Wochenendplanungen bestimmt, da macht ein Geburtstag keine Ausnahme. Wir einigten uns daher auf den Sonntagnachmittag als einzige Alternative.

Wir sind jetzt nicht so die Hardcoregriller, also keine multifunktionale Gasgrillstation zum Preis einer einwöchigen All-Inclusiv-Reise. Wir zählen uns eher zu der Fraktion der Steinzeitgriller, d.h. Bernie erlegt das Mammut im Edeka in Buggingen und ich bin zuständig für den Dreibeingrill. Kohle anzünden, Fleisch auf den Rost und gut ist. Bernie teilt die Leidenschaft vieler Männer nicht, die alles auf den Grill schmeißen, was nicht bei 10 auf den Bäumen ist. Wir sind schon froh, wenn Bernie das Fleisch nicht buchstäblich im Hals stecken bleibt und er jämmerlich daran erstickt.

Da es, wie vorhergesagt, am Sonntagnachmittag regnete, grillten wir auf dem Balkon. Kaum hatte ich die Anzünder unter dem Kamingrillanzünder angezündet (was für ein Satz), stieg auch schon eine schwarze Rauchwolke gen Himmel, der sich daraufhin in noch dunkleres Grau hüllte. Meine Sorge galt dabei in erster Linie der Nachbarschaft und dem Wunsch, diese möge nicht die Feuerwehr rufen. 

Das Mammut hat sehr gut geschmeckt, Bernie konnte sein Steak fast unfallfrei verspeisen, und Resi war glücklich.

Nach dem Geburtstagseis in der Eisdiele auf dem Rathausplatz fuhr ich zum Neubürgerfest in die Gemeinschaftsunterkunft der Flüchtlinge. 

Alleine zu Veranstaltungen zu gehen, ist für mich überhaupt kein Problem. In Neuenburg kann ich mir sicher sein, immer irgendjemanden zu treffen. Das war gestern nicht anders. Wenn es gilt, sich ehrenamtlich zu engagieren, ist Erwin Bornemann zur Stelle und so war er auch der erste, mit dem ich ein Schwätzchen hielt. 

Dann bin ich Silvia über den Weg gelaufen. Mit Silvia kann man wirklich tolle, ernsthafte Gespräche führen. Und dann haut sie einen raus und du liegst am Boden vor Lachen. Ich fragte sie nach der Kommunionsfeier ihres Enkel und sie war total begeistert. Sie habe auch einen jungen Flüchtling kennen gelernt, der in der Kirche neben ihr saß. Eduard aus Gambia, den sie sogleich suchte und auch fand. Wir redeten ein bisschen und dann fragte er, ob wir ihn nicht dem Pfarrer vorstellen könnten. Er ginge jeden Sonntag in die Kirche. Was er nicht verstand war, dass wir drei verschiedene Pfarrer haben. Leider fiel mir das englische Wort für Seelsorgeeinheit nicht ein.

Gerne stellten wir ihn also bei Father Maier vor. Neben Father Maier saß der Bürgermeister. Auch ihn wollte Silvia natürlich vorstellen und erhob diesen kurzerhand in den Adelsstand. Das englische Wort für Bürgermeister ist ihr nicht eingefallen. Ich fragte sie, ob sie sich vielleicht als Untertanin fühlte oder ob sie einfach noch unter dem Einfluss der Geburt des Royal Babys stand. Beides verneinte sie vehement. Rainer was jedenfalls not amused. 

Mit ernsthaften Gesprächen war es nach dieser Commedyeinalge natürlich vorbei.

Zwei Jungs aus Eritrea führten ein kurzes Theaterstück auf. Leider hatten die beiden kein Mikrofon und man hat kein Wort verstanden. Sie gingen dann von Tisch zu Tisch und stellten sich vor. Zwei wirklich taffe Jungs mit einer unglaublichen Ausstrahlung. Wir waren sehr beeindruckt. Einer der Jungs stellte sich als Michael vor (der Name des anderen war nicht so einfach zu merken und ich habe ihn leider schon wieder vergessen). In Neuenburg gäbe es auch eine Kirche die Michael hieße, so Silvia daraufhin. Was den Michael aus Eritrea aber nicht sonderlich beeindruckte.

Es war eine wirklich sehr gelungene Veranstaltung, die von erfreulich Vielen besucht wurde.

Wenn Eduard aus Gambia erzählt, dass er über Lampedusa nach Deutschland gekommen ist, dann hat dieses tausendfache Flüchtlingsdrama einen Namen und ein Gesicht. Dann kann man Menschen, die in Flüchtlingen eine Gefahr für den Wert ihrer Immobilie sehen, kein Verständnis aufbringen. Als ob es sich um Fässer voller Giftmüll handelt, die auf dem Grundstück vergraben werden.

Wenn Eduard aus Gambia erzählt, dann schämt man sich fast ein bisschen, dass das einzige Problem am Wochenende war, dass der SC Freiburg gegen Paderborn verloren hat.

  




Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen