Mittwoch, 3. Dezember 2014

Von neuen und alten Besen

Am letzten Sonntag fuhren Bernd und ich mit unserem Schutzengel nach Segnas in Graubünden, um für das Ferienlager der KjG  im nächsten Jahr ein Haus zu besichtigen.

Uns hat es etwa 60 km vor Chur einen Reifen zerfetzt, und es war vom Schutzengel furchtbar nett, dass er mitgefahren ist. Es ist weiter nichts passiert, als dass wir den Reifen am Straßenrand wechseln mussten.

Wieso die Haussuche mittlerweile zu meinen Aufgaben innerhalb der Katholischen Seelsorgeeinheit zählt, ist eine lange Geschichte, die mich immer dann wütend macht, wenn ich mir genau diese Frage stelle: Warum ich, beziehungsweise: Warum wir?

Vor langer, langer Zeit, im goldenen Zeitalter der Katholischen Gemeinde in Neuenburg, rief der damalige Pfarrer Schulz das von allen sehr geschätzte Ferienlager für Jugendliche ins Leben. Auch sein Nachfolger setzte die Tradition fort. Selbstverständlich oblag die Organisation und  Durchführung in den Händen der hauptamtlichen Leiter der Seelsorgeeinheit.

Dann zogen dunkle Wolken auf und der Himmel verfinsterte sich - also zumindest unserer, die wir als Gruppenleiter und Küchenteamler mit sehr viel Herzblut tätig waren.

Neue Besen kehren nicht immer gut und der neue Besen hatte Stahlborsten, mit denen er alles wegfegte, was nicht in sein katholisches Leitbild passte. Und das läpperte sich.

Gospelchor - hat nichts in der Kirche verloren, Musikgruppe der Jugend - weg damit, Katecheten Kommunion - weg damit, Katecheten Firmung - weg damit, Zahl der Ministranten - nahezu halbiert, usw. usw. Bewährte Strukturen wurden zerstört. 

Das neue Gemeindeoberhaupt schien aus der Zeit gefallen zu sein. Einer Zeit vor dem 2. Vatikanischen Konzil. 

Auch das Ferienlager stand auf seiner Streichliste, allerdings stieß er da auf erheblichen Widerstand. Wenigstens auf Seiten der Leiter und "Küche". Unterstützung aus dem Pfarrgemeinderat erhielten wir nicht. Im Gegenteil: Einige Kleingeister meinten, endlich auf Kosten des Ferienlagers alte Rechnungen begleichen zu müssen. Sie schämten sich nicht dafür, uns ihre Verachtung zu zeigen, obwohl auch ihre Kinder Teilnehmer des Lagers waren. Es wurde die Straßenseite gewechselt, sobald man Gefahr lief, einen "Aufwiegler" grüßen zu müssen. Freundschaften zerbrachen an der Frage: Für oder gegen den neuen Besen. Und wer traut sich zu outen? Man riskierte viel, wenn man sich als "Gegner" offenbarte.

Die Weinigen, die uns im Pfarrgemeinderat unterstützten, warfen entnervt das Handtuch. Ja, so geht es eben zu bei uns Katholen.

Wollten wir das Lager im Sinne seines Gründers am Leben erhalten, mussten wir uns "selbstständig" machen, d.h., wir begaben uns unter das Dach der KjG. Natürlich wurde dieser Schritt mit beleidigenden Äußerungen während einer Pfarrgemeinderatssitzung kommentiert. Irgendwann in der Sitzung bin ich wutentbrannt aufgestanden und bin in den "Salmen" gestürmt. 

Wie gesagt, seitdem organisieren wir das Lager. Und dazu gehört eben auch die Haussuche. Das Haus muss vor allem "billig" sein, damit auch Kinder aus weniger betuchten Familien die Möglichkeit haben, am Lager teilzunehmen. Das ist ein Teil dessen, was uns als Christen ausmachen sollte. Und spätestens bei diesem Gedanken packt mich die Wut. Es ist eben nicht unsere Aufgabe, alles, was mit der Durchführung eines Lagers zusammenhängt, ehrenamtlich zu stemmen. Dafür gibt es Hauptamtliche. Es ist ihr Job, für die Gemeinde da zu sein. Und zwar für alle.    

Finanziell ist so ein Ferienlager natürlich ein Tanz auf der Rasierklinge. Von der Kirchengemeinde ist leider nichts zu erwarten. Die muss das Geld anderweitig zum Fenster rausschmeißen. Kuchenverkauf nach dem Gottesdienst geht auch nicht mehr - wobei bei der Anzahl der Gottesdiensbesucher mehr als ein Kuchen wohl auch nicht verkauft werden würde. Es bleibt einzig die Papiersammlung mit der Kolpingfamilie, die unser Kässlein auffüllt. Und die Zuschüsse aus was weiß ich für Quellen, die Lisbeth aufgetan hat. Gott sei Dank erfahren wir noch weitere Unterstützung von Firmen Institutionen und Privatpersonen. Ohne sie sähe es wesentlich dusterer aus.

Durch unsere Gemeinde geht nicht nur ein Riss. Wer sich die Grabungsstelle in Neuenburg in der Schlüsselstraße anschaut, kann sich vom Zustand ein ungefähres Bild davon machen. Natürlich gibt es mittlerweile auch welche, die die Seite gewechselt haben und eigentlich auch schon immer auf unserer Seite standen. Heuchler. Da kommt  mir die Galle hoch.

Nächstes Jahr kommt wieder ein neuer Besen. Ich beneide ihn nicht. Ich hätte unsere Gemeinde nicht gerne an der Backe.










Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen