Freitag, 11. April 2014

Criminal Minds

Es geht doch nichts über einen gepflegten Mord. Deshalb sind Kriminalromane meine Leidenschaft und deshalb habe ich schätzungsweise 600 Opfer zu beklagen, die zwischen Buchdeckeln auf nicht natürliche Weise zu Tode gekommen sind.

Mittlerweile kenne ich mich in Venedig ebenso aus wie in Ystad. Ich genieße die englische ländliche Idylle (in der es nie zu regnen scheint) ebenso wie London (mit meist trübem Wetter). Im Moment ermittle ich mit Hauptkommissar Hubertus Jennerwein im Werdenfelser Land (allen Freunden des feinen, hintersinnigen Humors sei diese Krimireihe von Jörg Maurer ans Herz gelegt).

Selbstredend gestaltet sich auch mein Fernsehprogramm recht mörderisch. Ich unterstütze die CSI-Teams in Vegas und NY bei der Spurensicherung und wer ein toxikologisches Gutachten benötigt - nur zu. Ich beneide Richard Castle um seinen Erfolg als Schriftsteller und bin fester Bestandteil der Truppe um Leroy Jethro Gibbs des US Navy CIS. Ich bin häufig im Bostoner Police Department zu Gast und LL Cool J sieht so aus wie er heißt.

Donnerstags jage ich mit dem BAU Team des FBI Serienkiller. Dabei handelt es sich um Sozio- und Psychopathen, sexuell motivierte Sadisten, Paranoid-schizophrene und andere nette Zeitgenossen. Serienkiller sind nicht zu verwechseln mit Massenmördern. Die zeigen zwar ähnliche kranke Symptome, sind aber eher in der Politik zu finden und schlagen meist die Laufbahn als Diktatoren und Despoten ein.

Criminal Minds also. Drei Folgen Menschenquäler und menschliche Abgründe. Am Ende der letzten Folge um 23.15 Uhr bin ich angespannt bis in die Haarspitzen. Jede Zelle meines Körpers verharrt  in atemloser Spannung. Allerdings nicht sehr lange. Aus dem Zimmer nebenan höre ich ein Plumpsen und leises Tapsen übers Parkett. Wenn jemand das Prädikat Couch Potatoe verdient, ist es meine Hündin (an dieser Stelle bitte keine Kommentare). Sie setzt sich vor mich hin und ihre Augen sagen: Hey, ich muss mal. Da brauche ich keinen Hundeflüsterer um zu wissen, was Sache ist. Und Bernd hat Nachtschicht. Super. 

Leider gibt es für diesen Fall keinen Plan B. Ein Schäferhund wäre nicht schlecht denke ich. Oder wenigstens ein Pittbull. Aber mein Hund? 
Ich ziehe mir also die Kapuze meiner Winterjacke über den Kopf und mache mich auf den Weg zur etwa 40 Meter entfernten Grünfläche. Ich hoffe, ich sehe lässig genug aus. 

Natürlich hat mein Hund nun alle Zeit der Welt. Irgendwie sind die Gerüche nachts intensiver. Ich löse die Leine vom Halsband und finde, dass das eine coole Idee sei. So könnte ich das Teil als Waffe einsetzen. Dann überlege ich mir aber, dass mich damit ein potentieller Täter, von dem ich überzeugt bin,dass er mir irgendwo auflauert, ganz lässig erdrosseln könnte. Ganz vorsichtig lasse ich die Leine in meiner Jackentasche verschwinden.

Von der Gestalt, die wohl gerade aus der Bahnhofsgaststätte heim torkelt, scheint keine Gefahr auszugehen. Auch aus dem weißen Kombi, der an mir vorbeifährt, reißt niemand plötzlich die Türe auf und will mich kidnappen. 

Endlich. Gepieselt hat sie schon mal. Aber das große Geschäft lässt immer noch auf sich warten. Und vorher kann ich nicht heim. Wenn sie nämlich in den Flur kackt und Bernd kommt am morgen heim, ist ein Serienkiller das kleinste meiner Probleme.  

Zu meiner großen Freude schlägt sie sich in die Büsche.Und nein, sehr geehrter Herr städtischer Vollzugsdienstangestellter, ich krieche nicht hinterher und sammle die Hinterlassenschaft ein, um sie in einer Tüte verschwinden zu lassen. Immer noch betont lässig nehme ich meine Hündin an die Leine. Sollte sie jetzt nämlich eine Katze erblicken, würde sie sämtliche Gärten der Nachbarschaft umpflügen, um die in ihren Augen lästigen Viecher zur Strecke zu bringen. 
Ich mache mich strammen Schrittes auf den Heimweg. Von Weitem mag es durchaus ausgesehen haben, als würde ich rennen. Wieder zu Hause überlege ich mir, meiner Hündin ein Pittbullkostüm zu nähen.

Seitdem schaue ich mir maximal eine Folge Criminal Minds an. Das Letzte, was abends im Fernsehen läuft, ist Stefan Raab oder The Big Bang Theory. Wobei Sheldon Cooper leider weit weniger attraktiv ist als Agent Morgan. Aber einen Tod muss man halt sterben.



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